Die in einem Rasterelektronenmikroskop wohl am häufigsten zur Bilddarstellung herangezogenen Elektronen sind Sekundärelektronen. Durch unelastische Streuprozesse der Primärelektronen (PE – anregender Elektronenstrahl) und der durch sie erzeugten Rückstreuelektronen (RE) werden entlang ihrer Bahnen im Wechselwirkungsbereich innerhalb der Probe Sekundärelektronen (SE) erzeugt. Die Sekundärelektronen werden oberflächennah ausgelöst und als SE1 bezeichnet. Ihre Energie ist kleiner 50 eV, dadurch können sie die Probe nur aus einer geringen Tiefe (Informationstiefe) verlassen. Die Austrittstiefe beträgt bei Metallen ca. 5 nm, bei Isolatoren ca. 50 nm. Das Volumen, in dem die SE generiert werden, ist daher relativ klein. Mit SE erzeugte Bilder haben deshalb eine hohe Auflösung. Die SE Ausbeute ist weitgehend unabhängig von der Ordnungszahl des Materials. Eine größere Rolle spielt die Flächenneigung zum PE. Durch das Saugfeld des Detektors (siehe Abschnitt „Detektoren“) werden fast alle SE gesammelt, so dass Abschattungen von Flächen, die dem Detektor abgewandt sind, auch gut ausgeleuchtet werden.
Die Oberflächeninformation wird durch aus der Oberfläche austretende RE, welche bei ihrem Austritt aus der Oberfläche Sekundärelektronen vom Typ SE2 auslösen, ergänzt. Diese tragen auch zur Information über Strukturen unterhalb der Oberfläche bei. Die Sekundärelektronen vom Typ SE1 tragen maßgeblich zur hohen Auflösung bei. Die Auflösungsgrenze des REM hängt im Wesentlichen vom Strahldurchmesser und von der Größe des Wechselwirkungsvolumens ab. Mit Erhöhung der Beschleunigungsspannung nimmt aber das Wechselwirkungsvolumen zu, somit steigt die Anzahl der SE2 und diese tragen zur Verschlechterung der Auflösung bei. Rückstreuelektronen können aufgrund ihrer hohen Energie am Polschuh oder an den Kammerwänden ebenfalls Sekundärelektronen vom Typ SE3 auslösen. Diese tragen ferner zum Hintergrundrauschen und zur Verschlechterung des Signal-Rausch-Verhältnisses bei. Vergleichsbilder des RE bzw. SE-Signals befinden sich in Abbildung.
Kontrastarten in SE-Bilder
Der Topographiekontrast ergibt sich daraus, dass bei zum Strahl hin geneigten Flächen, sowie an Kanten und Lamellen eine große Anzahl von SE austreten. Diese Strukturen erscheinen deswegen heller, massive Objekte dagegen dunkler. An Strukturen tritt ein geringer Schatteneffekt auf, der einen dreidimensionalen Bildeindruck erzeugt.
Der Potentialkontrast ergibt sich aus der Beeinflussung der Flugrichtung der SE durch elektrische Potentiale in der Probe.
Der Magnetkontrast (Typ I) ergibt sich aus der Beeinflussung der Flugbahnen der SE zum Detektor durch herausragende Magnetfelder (offene Domänen) an der Probenoberfläche. Dadurch werden die SE entweder zum Detektor hin beschleunigt (helle Bereiche) oder von ihm abgelenkt (dunkle Bereiche). Dreht man die Probe um 180°, laufen die Magnetfelder entgegengesetzt und das Bild wird invertiert. Bei starken Magnetfeldern kann eine verzerrte Abbildung der Probe erfolgen.
Sekundärelektronen sind die am häufigsten zur Abbildung verwendeten Signale und werden meist mit einem Szintillations-Detektor nach Everhart-Thornley verarbeitet (siehe Artikel „Detektoren“).