Die im REM erzeugten und beschleunigten Primärelektronen stoßen Elektronen aus kernnahen Schalen der in der Probe enthaltenen Atome heraus. In die so entstandenen Lücken fallen Elektronen der äußeren Schalen, die dabei Energie in Form von Röntgenstrahlung freisetzen.
Diese Röntgenstrahlung ist für jedes Element spezifisch. Mit der EDX-Analyseneinheit wird die Energie und Intensität der Röntgenstrahlung in einem Spektrum aufgezeichnet und den in der Probe enthaltenen Elementen zugeordnet.
Die energiedispersive Röntgenanalyse (EDX/EDS) erlaubt die schnelle Elementbestimmung aus einem Impulsspektrum. Die Röntgenimpulse aller Elemente, die innerhalb der Anregungsspannung liegen, werden gleichzeitig (= parallel) in einem Vielkanalzählrohr erfasst. Das Impulsspektrum liefert zunächst nur Linien bestimmter Energien, deren Höhe die Zahl der gesammelten Impulse über die Messzeit ausdrückt. Die Linien setzen auf dem Untergrund auf, der aus dem „Rauschen“ der Bremsstrahlung entsteht. Bremsstrahlung entsteht, wenn eine elektrische Ladung beschleunigt wird und anschließend ihre Geschwindigkeit bzw. ihre Bewegungsrichtung ändert. Die Energie der dabei auftretenden Photonen ist umso höher, je stärker die Beschleunigung ist.
Die Linien werden nach Energieniveaus benannt, auf die angeregte Elektronen bei Abgabe des Röntgenquants zurückfallen. K-Linien sind also Linien, die durch Zurückfallen von Elektronen aus L- oder höheren Niveaus auf das K-Niveau entstehen.
Daraus ergeben sich folgende Beziehungen zwischen den Elektronenschalen (Elektronenaufenthaltswahrscheinlichkeiten) und den Spektrallinien des EDX-Spektrums:
K-Niveaus, die die am stärksten gebundenen Elektronen enthalten, erzeugen die energiereichsten Linien, gefolgt von L- und M-Linien. Je schwerer ein Atom ist und je mehr Elektronen es besitzt, desto höher fällt die Energie von Linien mit gleichen Buchstaben aus.
So liegt die Kα -Linie von Silizium (Si) bei 1,739 keV, die von Kupfer (Cu) bei 8,040 keV. Während Si keine L-Linien zeigt, da sie zu energiearm sind, wird bei Cu neben der Kα und der Kβ -Linie auch die Lα -Linie bei 0,93 keV detektiert.
Ob eine Linie angeregt wird, hängt von der Anregungsspannung ab, die 2- bis 3-fach, mindestens jedoch 1,5-fach über der Energie der Linie liegen sollte. Je stärker die Anregungsspannung die Energie der anzuregenden Linien übersteigt, desto tiefer dringen die Primärelektronen in die Probe ein. Damit verlängert sich der Weg der Röntgenquanten aus der Probe heraus, die Absorption der Röntgenstrahlung wird dadurch stärker. Entsprechend wird eine stärkere Absorptionskorrektur bei der Quantifizierung der Elemente nötig. Deshalb ist oft die 1,5-fache Anregungsspannung, bezogen auf die höchste Energie der anzuregenden Elemente, einer höheren Spannung vorzuziehen.